Wie eine Reise beginnen?

Am Anfang einer Fresh X steht nicht unbedingt ein Projekt und auch keine feste Idee. Frische Ausdrucksformen von Kirche lassen sich am besten wie eine Reise verstehen. Und am Beginn dieser Reise steht immer das Hören, genauer: ein doppeltes Hören auf Gott und die Menschen.

 

So war es auch bei uns. Wir wussten lediglich: Der Hamburger Süden sollte es sein, denn dorthin hat uns das Erzbistum Hamburg entsandt. Doch wie beginnen? Der Hamburger Süden – oder katholisch gesprochen: der Pastorale Raum St. Maximilian Kolbe – umfasst ganz verschiedene Stadtteile von der Veddel bis nach Neugraben. Gut 220.000 Menschen wohnen dort und davon sind etwa 24.000 katholisch.

 

Wo also anfangen? Und was tun? Wir haben zu unserem Start erst einmal etwas ganz Vernünftiges gemacht. Wir sind also frühstücken gegangen und zwar im Café Johanna. Ein unerwarteter Ort in St. Pauli. Dort haben wir uns gegenseitig unsere Liebe zu Cafés berichtet und von unserer Leidenschaft für das Forschen und Entdecken. Es sollte also eine Forschungsreise werden. Und zum Forschen und Entdecken gehören die Dokumentation und die Auswertung dazu.

 

Nur eine Stunde später öffneten wir vorsichtig die Tür der anglikanischen Kirche St. Thomas Beckett. Die Idee war, wenn wir starten, dann gehen wir symbolisch einmal in die Heimat von Fresh X, denn diese Bewegung kommt aus der Church of England. So weit unsere Idee. Was wir nicht wussten, es war gerade Gottesdienst. Reverend Jules Barnes hielt sofort inne und lud uns sofort ein: „It’s holy Communion. Would you like to join us?“

 

Damit hatten wir unsere ersten Themen schon mal sicher: Gastfreundschaft und heilige Gemeinschaft. Und zwar über die mitunter doch engen Religionsgrenzen hinweg: Da saßen wir nun. Zwei geborene Evangelische, die jetzt beim Erzbistum Hamburg als Kirchenpioniere beauftragt sind, in einer anglikanischen Messfeier. Das Ganze geleitet von der ersten weibliche Geistlichen in über 400 Jahren der englischen Kirche in Hamburg. Mehr Ökumene ging in dem Moment wirklich nicht. Mit Segen und Gebet im Rücken starteten wir in den Süden.

 

Unser Tagesziel war der Malteser-Campus in der ehemaligen Kirche St. Maximilian Kolbe auf der Elbinsel Wilhelmsburg im gleichnamigen Stadtteil. Was uns dort begegnete, ist eine andere Geschichte, die wir noch erzählen werden. Wir entschieden spontan, die Reise mit der Elbfähre überzusetzen, die von den St. Pauli Landungsbrücken in Richtung Wilhelmsburg fährt. Mit dem Übersetzen war dann auch das nächste Thema geboren: Übersetzen.

 

Wer wie wir in der Fremde unterwegs ist, muss gut übersetzen, um die Zeichen der Straße und der Menschen deuten zu können. Wir tun dies inspiriert durch die Straßenexerzitien und deuten das, was uns begegnet und überprüfen es auf ‚Klopfzeichen Gottes‘. (siehe auch „über uns“)

 

Am Beispiel der Fremde, lässt sich gut zeigen, wie wir das mit dem Übersetzen machen: Fremde, das ist überraschenderweise die Übersetzung des Kirchenbegriffs Parochie. Menschen, die Kirchensprech beherrschen denken dann: Aha, der Pfarrbezirk oder das Gemeindegebiet. Tatsächlich meint es aber das Wohnen an einem fremden Ort ohne Bürgerrecht oder auch schlicht Nachbarschaft.

 

Dort hatte am Morgen unsere Reise begonnen: In einem Café an einem für uns fremden Ort in St. Pauli. In einer uns fremden Nachbarschaft fanden wir das Café Johanna, weibliche Form von Johannes. Und beim Evangelisten Johannes heißt es ganz am Anfang: Das Wort wurde Mensch und zog in die Nachbarschaft. Dieses Wort aß, schlief, feierte Gastmahle. Diesem Wort, das gesagt hat: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.‘ versuchen wir mitten auf dem Weg, mitten im Leben auf die Spur zu kommen.

 

Am Morgen sind wir ohne Karte aufgebrochen und am Abend haben wir schon etwas geahnt: Gastfreundschaft, Heilige Gemeinschaft über Grenzen hinweg, Übersetzen, Fremde und Nachbarschaft.