Evangtolisch kathogelisch oder Gott wohnt in den Möglichkeiten

Was sind wir eigentlich? Die Frage stellt sich ja gar nicht, weil auf dem Papier haben wir das mit der Geburt, der Taufe und später noch einmal bei der Konfirmation sozusagen schriftlich bekommen. Wir sind evangelisch. Ausgesucht haben wir uns das nicht. Und jetzt befinden wir uns in der sonderbar-wunderbaren Situation, dass wir in und für die katholische Kirche arbeiten. Und natürlich haben auch Menschen in unserem Umfeld gefragt: Bist du jetzt katholisch?

 

Katholisch sind wir nicht, also auf dem Papier. Die Realität sagt aber, dass wir jetzt hauptberuflich in der katholischen Kirche arbeiten – also sind wir mittendrin. Und tatsächlich stellen wir fest, dass dieses ‚sein in‘ bei uns etwas verändert. Und nicht nur bei uns: Auch bei unseren (großartigen) katholischen Kolleg*innen lösen wir etwas aus: In dem Austausch stellen wir ganz oft fest, dass es gar nicht so große Differenzen gibt, was unseren Glauben angeht.

 

Und weil ja auch alle so nett zu uns sind und weil das Leben eben so läuft, wachsen im Team Beziehungen. Wir freuen uns zusammen, wir grübeln gemeinsam, wir ärgern uns über Misslungenes, strengen uns gemeinsam an. Das schweißt zusammen. Wir sind jetzt eine Gemeinschaft.

 

Der Soziologe Niklas Luhmann hat in seiner berühmten Systemtheorie gesagt, dass alle sozialen Systeme eigentlich Kommunikationen sind. Seine Forschung ist wahnsinnig komplex, aber ganz grob gesagt kommuniziert alles. Ein hupendes Auto ist eine Kommunikation, die schimpfenden Fußgänger, die sich von dem Auto bedrängt fühlen: Kommunikation. Wo ist eigentlich der Fahrer? Im Auto. Er bildet zusammen mit dem Auto ein System. Das System als Ganzes kommuniziert.

 

Jetzt wird’s interessant. Unsere Herkunftskirche (‚System evangelisch‘) sagt zu uns: Ihr seid evangelisch. Unser Arbeitgeber, das katholische ‚System Erzbistum Hamburg‘ sagt: Ihr seid unsere Mitarbeiter*innen. Das Team um uns herum sagt: Ihr seid unsere Kolleg*innen. Und gemeinsam bilden wir eine Gemeinschaft, die Fresh X voranbringen will. So werden wir von außen gesehen. Also sind wir vielleicht das ‚System Fresh X‘. Unser System hat eine Wirkung auf andere Menschen im Bistum, in der Pfarrei, im Stadtteil: es kommuniziert.

 

Jetzt wird’s ganz verrückt: Katholische Menschen, die sprachlich in ihrer Kirche zuhause sind, haben bis hierhin vermutlich schon die Ohren gespitzt: Kommunizieren bedeutet in der katholischen Kirchensprache ganz konkret: ‚Teilnahme an der heiligen Kommunion‘.

 

Kommunizieren heißt in der Umgangssprache hingegen: miteinander im Gespräch sein. Das Wort Communio bedeutet wiederum ‚Gemeinschaft‘. Aber, was heißt das nun für uns? Wir sind hier Gemeinschaft. Wir leben Gemeinschaft. Wir feiern diese auch, durch Lachen, gemeinsames Kaffeetrinken in den Pausen, gemeinsames Träumen. Und es gibt heilige Momente, in denen wir gedanklich über Grenzen springen und unsere Verbundenheit untereinander spüren.

 

In unserem allerersten Beitrag haben wir von unserem Start berichtet. Das erste Thema, das uns überhaupt begegnete, war die heilige Gemeinschaft: ‚Holy Communion‘ in der anglikanischen Kirche. Die Wahrheit ist, dass sich Gemeinschaft immer als Prozess zeigt. Wenn Menschen das jetzt allein an ihrer oder unserer Zugehörigkeit festmachen würden, würden sich diese Möglichkeiten gar nicht erst ergeben. „Aber Gott wohnt in den Möglichkeiten“, sagtTomáš Halík und der ist hier unverdächtig – weil katholisch.